Fabian Silberer ist leidenschaftlicher Unternehmer. Bereits mit 16 Jahren hat er sein erstes Gewerbe angemeldet. Während des Studiums gründete er dann zusammen mit seinem Studienfreund Marco Reinbold die heutige sevDesk GmbH. Mit der smarten, cloudbasierten Buchhaltungssoftware erleichtert das mittlerweile 70-köpfige Team in Offenburg 80.000 Selbstständigen und Kleinunternehmern den Arbeitsalltag.
COMPEON: Fabian, eure Vision mit sevDesk war eine praktische Buchhaltungssoftware, die auch für kleinere Unternehmen erschwinglich ist und trotzdem die Vorteile der großen Player am Markt bietet. Nach den „Meilensteinen“ und „großen Erfolgen“ fragt ja bekanntlich jeder. Deshalb: Was waren auf eurem Weg die größten Rückschläge und Fehler, die ihr gemacht habt – und wie konntet ihr diese schließlich lösen?
Fabian Silberer: Rückschläge gibt es immer, ganz klar und wichtig ist, dass man wieder aufsteht, daraus lernt und weiter macht. Am Anfang haben wir viel Zeit und Geld in Marketing investiert, was überhaupt nicht funktioniert hat. Google Adwords zum Beispiel hat am Anfang überhaupt nicht den gewünschten Erfolg gebracht und war sehr teuer. 500 Euro hin oder her waren damals viel Geld für uns. Dann haben wir aber auf Facebook-Werbung und SEO gesetzt. Das hat für uns gut und schnell funktioniert. Mit diesen beiden Kanälen konnten wir von einer zur nächsten Woche unsere Leads verzehnfachen. Das war ein großer Erfolgsmoment für uns.
Später haben wir dann noch ein paar größere Herausforderungen und Rückschläge gehabt. Wir haben 2015 sevDesk von der alten zur neuen Benutzeroberfläche umgestellt. Das war um Weihnachten, zu unserer Hauptsaison. Ich war zudem im Urlaub. Wir haben es durchgezogen, weil wir gedacht haben, dass die neue Version bereits gut funktioniert. Das Ganze ist uns leider wirklich um die Ohren geflogen! Rückwirkend betrachtet hat das alles natürlich keinen Sinn gemacht. Es war der falsche Zeitpunkt und die neue Version von sevDesk war noch nicht ausgereift. Aber wir haben es gelöst bekommen und daraus gelernt.
Ein weiterer Rückschlag war unsere erste Finanzierungsrunde. Die haben wir wirklich vergeigt. Es wollten damals viele Business Angels gleichzeitig investieren. Und wir dachten, dass es eine super Sache ist. Zunehmend mussten wir feststellen, dass es eher ein Flohzirkus ist. Business Angel ist nicht gleich Business Angel. Einige sind wirklich fit und bringen dich weiter, aber ein Großteil möchte sich auch einfach nur so nennen. Wir waren damals unerfahren und haben uns verspekuliert, weshalb die Runde schlussendlich nicht zustande gekommen ist. Das war auch ein großer Dämpfer für uns. Heute sind wir schlauer und froh, dass es so gekommen ist.
COMPEON: Ihr habt eine cloudbasierte Lösung entwickelt, bei der es um sensible Unternehmensdaten geht. Wie geht ihr mit den Bedenken des sicherheitsaffinen Deutschlands um?
Fabian Silberer: Das Wichtigste ist natürlich, dass man es ernst nimmt und man sich der Verantwortung bewusst ist. Dass die Deutschen hier skeptisch sind, ist auch eine sehr berechtigte Sache. In anderen Ländern wird mit Daten nicht so sicher umgegangen. Das ist meines Erachtens jedoch nicht gut und hat viele Unternehmen wie zum Beispiel Facebook und Google zu Datenkraken gemacht. Deswegen war meiner Meinung nach die DSGVO – auch wenn es nervig war für viele – ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, den großen Datenkraken aus den USA Paroli zu bieten.
Intern tun wir für dieses Thema auch sehr viel. Alle unsere Mitarbeiter werden dahingehend geschult und es gibt für alle kritischen Prozessen mit Daten bei uns klare Richtlinien. Unsere Server stehen in Deutschland und unsere Rechenzentren haben ein hohes Maß an IT-Sicherheit. Zudem haben wir viel Zeit und Geld in die Sicherheit der Software und Schnittstellen investiert, da wir uns absolut bewusst sind, dass wir hochsensible Kundendaten verwalten.
COMPEON: Digitalisierung der Buchhaltung ist euer Thema. Ist der breite Mittelstand deiner Meinung nach gut auf den digitalen Wandel vorbereitet und vor allem: Wo siehst du noch Bedarf?
Fabian Silberer: Große Unternehmen sind hier schon deutlich weiter, da die finanziellen Möglichkeiten natürlich größer sind als bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen. Mit SAP wird hier beispielsweise schon viel gemacht, aber das ist sehr teuer und aufwendig. Das kann sich der breite Mittelstand nicht leisten.
» Bei den KMU sind Themen wie Bürokratie und Buchhaltung meist noch Unternehmersache und so verbringen diese unzählige Stunden damit. Laut einer Umfrage sind das jährlich um die 4 Wochen. «
Je nach Stundensatz kommen wir schnell auf große 5-stellige Beträge, die somit verloren gehen. Deshalb ist hier dringend Nachholbedarf. Gerade Deutschland ist hier sehr rückschrittlich im Vergleich zu anderen Ländern.
Während die Deutschen der Cloud-Buchhaltung gegenüber noch sehr skeptisch sind, nutzen in den USA bereits 82 Prozent Cloudlösungen. Davon können wir hier nur träumen. Gerade also bei den administrativen Prozessen hinken wir hinterher und müssen dringend aufholen, um die Vorteile der Digitalisierung nutzen zu können.
COMPEON: Bei COMPEON stehen Finanzierungsfragen im Vordergrund: Buchhaltung und Co spielen dort immer mit rein und ein kompaktes System erleichtert es Unternehmern, beispielsweise die nötigen Unterlagen für eine Finanzierungsanfrage schnell bereit zu haben. Welche Funktionen bietet sevDesk, um Unternehmer bei der Anfrage über Plattformen wie COMPEON zu unterstützen?
Fabian Silberer: In sevDesk haben wir die wichtigsten Auswertungen drin, wie zum Beispiel GuV oder Einnahmenüberschussrechnung. Natürlich haben wir auch eine Schnittstelle zum Steuerberater, damit dieser die Daten nachvollziehen und die Finanzierungsanfrage beantworten kann. Diese Daten können dann beispielsweise auch Dienstleistern wie COMPEON zur Verfügung gestellt werden. Wir denken auch darüber nach, in nächster Zeit Schnittstellen zu bauen, die langfristig den ganzen Prozess nochmal vereinfachen werden.
COMPEON: Als letzte Frage: Was war das letzte Buch (gedruckt oder digital), das du komplett gelesen hast und unbedingt jedem empfehlen würdest?
Fabian Silberer: Was ich neulich gelesen habe und sehr gut fand war „The Big Five for Life“ von John Strelecky. Da geht es um die Dinge im Leben, die wirklich zählen. Gerade die Frage „Was sind die eigenen persönlichen Ziele im Leben?“ ist etwas, worüber sich jeder mal Gedanken machen sollte – beruflich und privat. Für Unternehmer ist es ein spannendes Buch, denn gerade die vergessen oft was wirklich im Leben wichtig ist. Aber auch für jüngere Menschen, die sich fragen was sie überhaupt auf der Welt machen, ist es ein helfender Wegweiser.
COMPEON: Danke dir für das Gespräch, Fabian.
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