Kai Schimmelfeder, der „Fördermittel-Papst“ ist mehrfacher Buchautor und der Experte zum Thema öffentliche Fördermittel und Zuschüsse und deren Nutzung für den unternehmerischen Erfolg. Als mehrfach ausgezeichneter Fördermittel-Experte hat er bis heute mit seinem Team über 10.000 Beratungen durchgeführt und begleitet kleine, mittlere, große Unternehmen und Start-ups bei Investitionsvorhaben mit öffentlichen Förderungen. Er hat einen Master of Management in EU Funds, ist zertifizierter Fördermittelberater (FH und VÖB) sowie International Certified Expert Member of European Experts und zertifizierter Sachverständiger „öffentliche Fördermittel“
COMPEON: Herr Schimmelfeder, als Speaker und Autor gleich mehrerer Fachbücher rund um öffentliche Fördermittel sind Sie DER Experte auf diesem Gebiet. Was sind Ihrer Meinung nach die drei größten Fehler, die Unternehmer in Hinsicht auf Fördermittel machen – und wie können sie diese beheben?
Kai Schimmelfeder: Die Co-Finanzierung notwendiger oder strategischer Unternehmensinvestitionen mit öffentlichen Förderprogrammen führt zu mehr Unternehmenserfolg und Zukunftssicherheit. Doch die meisten kleinen, mittleren und mittelständischen Unternehmen haben das Problem, dass sie sich nicht mit den öffentlichen Förderprogrammen, Zuschüssen und Fördergeldern auskennen. Dadurch verpassen diese Unternehmen die finanziellen und wirtschaftlichen Vorteile und können weniger Geschäftschancen umsetzen. Wenn wir die Anfragen an uns aus den letzten zwanzig Jahren nehmen und eine Art Rangliste mit dem Thema „Was sollten Unternehmen, Startups, Gründungen, o.ä. am meisten beachten, wenn es um Investitionen geht!“ bilden – sind es hauptsächlich folgende drei Punkte:
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Vor jeder geplanten Investition ist das Thema Förderung bzw. Förderprogramme zu analysieren. Da es grundsätzlich keine Rückwärtsförderung gibt, muss vor Investitionsbeginn die Frage „Gibt es Förderung?“ Beantwortung finden. Die Nichtnutzung von Fördergeldern ist gleichzusetzen mit der Unterlassung der Vermögenssicherung bzw. des weiteren Vermögensaufbaus im Unternehmen. Zuschüsse als geschenktes Geld vom Staat in Form von Investitionszuschüssen, Regionalzuschüssen, Projektzuschüssen, Innovationszuschüssen, Tilgungszuschüssen, Zinszuschüssen oder auch die Förderprogramme zum Eigenkapitalersatz oder Eigenkapitalergänzungsprogramme oder die Förderung durch die mittelständischen Beteiligungsgesellschaften speziell für kleine und mittlere Unternehmen oder die kostengünstigeren Förderkredite mit und ohne Haftungsfreistellungen sowie die Ausfallbürgschaften der Bürgschaftsbanken bieten Unternehmen wirtschaftliche und finanzielle Vorteile, die seitens der Geschäftsführung zwingend nutzbar gemacht werden müssen.
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Auch noch vor der Investition und nach Analyse der möglichen Förderprogramme geht es dann an die richtige Zusammensetzung der möglichen Förderprogramme im Sinne des Unternehmens. Einige Förderprogramme können kombiniert werden, andere schließen sich aus, andere wiederum ergänzen sich in der geplanten Investitionsfinanzierung zu einer dann optimalen Finanzierung. Verschiedene Förderprogramme sind bei speziellen Investitionsvorhaben nutzbar und andere Förderprogramme können bei allgemeinen Investitionen beantragt werden. Manche Förderprogramme haben Anforderungen an die Größe des Unternehmens (Umsatz/Bilanz, Mitarbeiteranzahl) und andere können nur bei bestimmten Standorten oder Regionen genutzt werden. Deswegen ist dieser zweite Punkt entscheidend für die richtige Auswahl der nutzbaren Förderprogramme. Nicht alle machbaren Förderungen bieten den gleichen finanziellen und wirtschaftlichen Vorteil für die geplante Investition. Die Ziele des Unternehmens stellen den Rahmen für die Auswahl der analysierten Förderprogramme. Deswegen ist es wichtig, die richtigen Förderprogramme auszuwählen.
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Der nach den vorgenannten zwei Punkten am meisten zu Beachtende ist: die richtigen Anträge an die richtigen Förderstellen mit den richtigen Antragsinhalten senden! Viele Unternehmen stellen Förderanträge zum ersten Mal und dann ist ein Fehlerpotential bei der Beantragung wahrscheinlich. Verschiedene Förderanträge haben unterschiedliche Anforderungen an die Aufbereitung der Unterlagen und der Kalkulationen für die Investitionen: Hier sind es Fristen und Formen, die dem antragstellenden Unternehmen neu sind und im Vorgang der Beantragung zu wenig Beachtung finden. Details zu den geplanten Investitionen, vielleicht auch die Anzahl der am Projekt Beteiligten, der Zeitplan, mögliche externe Beteiligte, die geplante Co-Finanzierungsgestaltung, die Auswirkungen auf die GuV bzw. die Bilanz im Unternehmen, vielleicht noch Anforderungen, die das Unternehmen grundsätzlich beachten muss, etc.
COMPEON: Neben Zuschüssen und Subventionen sind es vor allem Förderkredite, also vergünstigte Darlehen, vergeben von Förderbanken auf Landes- oder Bundesebene, von denen Unternehmen jeder Größenordnung profitieren können. Welche Unternehmen (Branche, Größenordnung, Umsatz, Ausrichtung) können besonders davon profitieren und was steht sozusagen im Förder-Fokus – sprich: Welche Projekte oder Investitionsvorhaben werden besonders häufig und gut gefördert?
Kai Schimmelfeder: Von den über 5.100 Förderprogrammen sind es aktuell ca. 200-300 Förderprogramme, die sich als Förderkredit bezeichnen lassen. Nutzbar sind diese Förderkredite grundsätzlich für alle Branchen. Die Förderkreditbanken auf Bundeslandebene sind in jedem Bundesland vertreten. Hinzu kommt die KfW-Mittelstandbank (Hinweis der Redaktion: Hier mehr zur KfW) und die Landwirtschaftliche Rentenbank. Letztere auch sehr stark im Thema Energie für Unternehmen, die nicht speziell aus der Landwirtschaft kommen. Die Förderbanken arbeiten mit den sogenannten Hausbanken zusammen und der Antragsweg für einen Förderkredit geht über die Hausbank des antragstellenden Unternehmens. Besonders gefördert werden aktuell Investitionen in Energieeffizienz – hier können Tilgungszuschüsse genutzt werden: Bei Investitionen in neue Maschinen oder bei Ersatz von „alten“ Maschinen ist das Thema „Co2“-Einsparung ein Förderthema. Dabei gibt es Zuschüsse für die Reduzierung von Co2 bzw. für die Reduzierung des Energieverbrauchs, der dann in Co2-Einsparung umgerechnet wird.
Von den Förderbanken in den verschiedenen Bundesländern gibt es oft einen Schwerpunkt – wie zum Beispiel: Investitionen in Innovation, Digitalisierung, Gründung bzw. Startup, Unternehmensnachfolge, o.ä. Da sich ca. 90 Prozent der Unternehmen als kleinst, kleine und mittlere Unternehmen definieren lassen, sind es genau diese Unternehmen, die am meisten gefördert werden können. Diese sogenannten KMU haben maximal 50 Mio. € Jahresumsatz oder max. 43 Mio. € Bilanzsumme und max. 249 Mitarbeiter. Aber auch für größere Unternehmen, die die vorgenannten Parameter überschreiten, gibt es Förderprogramme. Genauso wie für Holdingstrukturen und Konzernunternehmen.
COMPEON: Was denken Sie, warum viele Mittelständler das Thema Fördermittel auch heute noch eher stiefmütterlich behandeln und hat möglicherweise der derzeit niedrige Leitzins und damit generell günstige Konditionen für Finanzierungslösungen für Unternehmen einen Einfluss darauf, dass immer noch viele Unternehmer eher auf andere (Finanzierungs-) Lösungen abseits von Fördermitteln greifen?
Kai Schimmelfeder: Aktuell beraten wir im Jahr ca. 1.000 Unternehmen zum Thema Förderprogramme und Co-Finanzierung durch Fördermittel. Ohne Ausnahme kann ich deswegen sagen: Die vielfältigen Möglichkeiten und damit verbundene Geschäftschancen sind den Unternehmen nicht bekannt. Es gibt außer einigen wenigen Fördermittelberatern, die sich ganz dem Thema Förderung verschrieben haben, keine zentrale Anlaufstelle mit allen Förderprogrammen. Bei der Hausbank gibt es keine Investitionszuschüsse oder Innovationszuschüsse o.ä.. Dafür gibt es bei Förderstellen grundsätzlich keine Möglichkeit, ein Geschäftskonto für den täglichen Zahlungsverkehr einzurichten. Es gibt über 150 Förderstellen, die bei Investitionsvorhaben von den Unternehmen kontaktiert werden müssten, um zu erfahren, ob es Förderprogramme für das jeweilige Investitionsvorhaben gibt.
Der vielbesagte Fördermittel-Dschungel stellt die Unternehmen vor Herausforderungen. Vielen sind die Förderprogramme gar nicht bekannt. Die meisten Unternehmen denken immer noch: Förderprogramme sind Förderkredite und die gibt es bei der Bank. Dass die Förderungen auf Basis von Zuschüssen für Investitionen, Innovationen, Energie, Umwelt, etc. nicht von der Bank finanziert werden, ist den meisten nicht bewusst. Eine Bank kann kein Geld verschenken! Es sind spezielle Förderorganisationen, die das Thema Zuschuss – als geschenktes Geld von Staat – organisieren.
COMPEON: Wer sich mit der Unternehmer-Sicht auf Fördermittel auseinandersetzt, kommt an einem Thema nicht vorbei: Papierkram, Regularien und Zeitfresser. Was sind Ihre Tipps, um den Aufwand bei der Suche und Beantragung von Fördermitteln zu reduzieren?
Kai Schimmelfeder: Das Problem ist grundsätzlich nicht der Papierkram oder die Regularien. Es ist die Qualität der Planung von Investitionsvorhaben. Hinzu kommt, dass viele kleine und mittlere Unternehmen zu wenig Zeit in die Planung von Investitionsprojekten investieren. In den meisten großen Unternehmen besteht ein Projektmanagement. Dazu gibt es sogar eine Norm (DIN 69901). Bei den meisten kleinen und mittleren Unternehmen werden Investitionen nicht so umfangreich geplant, wie es sinnvoll wäre – und das bezieht sich nicht nur auf den Bereich der Förderanträge bzw. der Förderung von Investitionen.
Den Papierkram, Strukturierung, Auswahl an Förderungen, das Zeitmanagement, etc. können Unternehmen an qualifizierte Fördermittelberater abgeben. Doch wenn das Projekt, in welches investiert werden soll (Maschine, Innovation, Immobilie, Unternehmenskauf, Digitalisierung, künstliche Intelligenz, Nachfolge, Energie, Umwelt, etc.), nicht umfangreich durchgeplant wurde, kommt es schon bei der Auswahl der Förderprogramme, bei der Beantragung oder bei der eigentlichen Umsetzung der Investition zu Missverständnissen. Umfangreiche Projektvorbereitung ist der Schutz für jedes Förderprojekt. Am besten ist der Unternehmer aufgestellt, wenn schon in der Vorplanung ein qualifizierter Fördermittelberater beauftragt wird, das geplante Projekt zu begleiten. Dann können schon Investitionen an diesem Punkt mit Förderprogrammen „verbunden“ werden und das Unternehmen kann den größtmöglichen Nutzen aus den Förderprogrammen ziehen.
COMPEON: Warum ist es so wichtig, dass Unternehmer auf der Suche nach Fördermitteln nicht alleine gelassen werden?
Kai Schimmelfeder: Neun von zehn Unternehmen haben statistisch gesehen noch keine Zuschüsse für Investitionsvorhaben genutzt! Die Gründe haben wir hier bereits beschrieben. Die meisten Unternehmen kommen somit gar nicht in die Vorteilspositionen, die sich bei Nutzung der richtigen Förderprogramme und Fördergelder ergeben.
Grundsätzlich basiert die Förderung unter anderem auf dem Paragraf 12 des StabG (Stabilitäts- und Wachstumsgesetz). Dieser erläutert die öffentliche Förderung wie folgt und hat zum Ziel: „Die Erhaltung von Betrieben oder Wirtschaftszweigen, der Anpassung von Betrieben oder Wirtschaftszweigen an neue Bedingungen und der Förderung des Produktivitätsfortschritts und des Wachstums von Betrieben oder Wirtschaftszweigen, insbesondere durch Entwicklung neuer Produktionsmethoden und -richtungen.“
» Aus meiner Erfahrung ist es somit die Pflicht von Unternehmern, sich um die möglichen Förderungen zu bemühen und diese zu nutzen. «
Unternehmenslenker, die öffentliche Förderprogramme strategisch einsetzen, haben dabei folgende Vorteile: Auf Dauer bekommen diese Unternehmen eine stärkere (Eigen-) Kapitalausstattung. Daraus ergeben sich mehr Chancen am Markt, um weitere Investitionsprojekte zu starten und umzusetzen. Das hat zur Folge, dass eine bessere Bonität durch strukturierte (Fördermittel-) Finanzierung geschaffen wird. Es folgt dann ein besseres Rating (Basel 2, Basel 3, und Folgende). Diese Entwicklung bewirkt mehr Liquidität, um weitere Geschäftschancen zu nutzen. Es kann mehr und weitreichende Planbarkeit in dem Unternehmen bewirkt werden. Das Unternehmen erhält einen stabileren Unternehmensaufbau und eine intensive Weiterentwicklung und kann bessere Karrierechancen und Arbeitsplatzsicherheiten für die Mitarbeiter bieten.
Der Unternehmer sichert damit die Unternehmenszukunft und auch die private Freiheit ab und kann diese besser gestalten. Viele Unternehmer haben bei konsequenter Verfolgung von Förderprogrammen eine Art unternehmerische Freiheit erlangt. Das erscheint dem einen oder anderen vielleicht neu oder bemerkenswert, aber verschiedene Studien von Anspruchsgruppen kommen in Untersuchungen immer wieder auf Ergebnisse, die die positiven Wirkungen für das Unternehmen im Allgemeinen und im Besonderen – durch Nutzung der richtigen Förderprogramme – darstellen.
Unternehmer sollten deshalb grundsätzlich ohne eine Fördermittelberatung keine Investitionen planen oder starten, um die wirtschaftlichen und finanziellen Vorteile zu nutzen.
COMPEON: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Schimmelfeder.
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