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Interview,News

5 Fragen an… Michael Schröder

Dr. Michael Schröder ist Wissen­schaftler im Forschungs­bereich „Internationale Finanz­märkte und Finanz­management“ im Zen­trum für Euro­päische Wirtschafts­forschung (ZEW).

Neben seiner Tätig­keit beim ZEW ist Michael Schröder außer­dem Senior Research Consultant am Financial Research Center der Fudan-Universität in Shanghai. Unter anderem ist er ver­ant­wort­lich für die monat­liche Umfrage „ZEW-Finanzmarkttest“, aus der der ZEW-Konjunktur­indikator er­mittelt wird. Am Finanz­markt­test nehmen auch Experten von COMPEON teil und geben so ihre fach­lichen Ein­schätzungen zur Finanz­situation weiter. Seine Forschungs­gebiete sind vor allem Erwartungs­bildung auf Kapital­märkten, Nach­haltige Kapital­anlagen und Unternehmens­nach­haltig­keit sowie Finanz­märkte in China.

Das ZEW ist ein gemein­nütziges wirtschafts­wissen­schaft­liches Forschungs­institut und Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es wurde 1990 auf Initiative der baden-württem­bergischen Landes­regierung, der Wirt­schaft des Landes und der Universität Mannheim ge­gründet. Seit­dem hat sich das ZEW als eines der führenden deutschen Wirtschafts­forschungs­institute mit hoher europäischer Reputation eta­bliert.

COMPEON: Herr Schröder, Seit 1991 werden im Rahmen des ZEW-Finanzmarkt­reports monat­lich aus­ge­wählte Experten zu Prog­nosen wichtiger Finanz­markt­daten be­fragt. Was ist aus Ihrer Sicht der spannendste Aspekt am monatlichen Finanz­markt­report des ZEW?

Michael Schröder: Das ist ganz klar die neueste Ent­wicklung des ZEW-Konjunktur­indikators und die Unter­suchung der Ur­sachen dieser Ver­änderung. Häufig sind etwa Aus­wirkungen wirtschafts­politischer Ent­scheidungen auf die Kon­junk­tur nicht un­mittel­bar er­sicht­lich. Die Er­geb­nisse unserer Um­frage zeigen uns dann, welche Ein­schätzungen die circa 200 teil­nehmenden kompetenten Ex­perten/-innen dazu haben.

COMPEON: Wie können gerade kleine und mittel­ständische Unter­nehmer, die ja in der Regel ohne eigenen Research-Bereich aus­kommen müssen, aus Ihrer Sicht den Finanz­markt­report ge­zielt nutzen?

Michael Schröder: Der ZEW-Konjunktur­indikator zeigt ein Stimmungs­bild für die Ent­wicklung der deutschen Kon­junk­tur in den nächsten sechs Monaten aus Sicht von Finanz­markt­experten/-innen. Die Teilnehmer/-innen der Um­frage be­ant­worten außer­dem Fragen zu inter­nationalen Konjunktur- und Kapital­markt­ent­wick­lungen und legen damit die Basis für eine tiefer gehende Ur­sachen­analyse. Dadurch sind wir in der Lage, eine gute Ein­schätzung zur Konjunktur­entwicklung in Deutsch­land und im Euro­gebiet ab­geben zu können. Weitere wichtige Er­geb­nisse der Um­frage beziehen sich auf die Ein­schätzungen zu kurz- und lang­fristigen Zinsen und inter­nationalen Aktien­kursen.

COMPEON: Aktuell ist zu beobachten, dass einige Banken gegenüber kleineren Unter­nehmen bzw. einzelnen Branchen zu­nehmend restriktiver in der Kredit­ver­gabe werden. Sehen Sie einen ähn­lichen Trend bzw. wie können diese Unter­nehmen dauer­haft un­ab­hängiger und stabiler im Hin­blick auf Ihre Refinan­zierung werden?

Michael Schröder: Dabei ist aus meiner Sicht die erste Frage, ob das eher ein konjunk­turelles Phänomen ist oder wirk­lich eine dauer­hafte Re­du­zierung der Kredit­vergabe an kleinere Unter­nehmen. Da wir der­zeit ein relativ schwaches Wirtschafts­wachs­tum haben spricht vieles für eine temporäre Ver­schlechterung der Situation bei der Kredit­vergabe.

 

» Längerfristig können kleinere Unternehmen ihre Finanzierungs­situation in Bezug auf die Fremd­finanzierung dadurch verbessern, dass sie versuchen, Privat­platzierungen durch­zuführen oder Kredit­platt­formen nutzen, um private Kapital­anleger zu erreichen. «

COMPEON: Wie beurteilen Sie als Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschafts­forschung das aktuelle Konjunktur­bild in Deutsch­land und welche möglichen Szenarien können Sie sich vor­stellen?

Michael Schröder: Die Konjunkturentwicklung in Deutschland ist noch recht fragil. Die ZEW-Konjunktur­erwartungen sind zwar in den letzten Monaten seit Ok­tober deut­lich an­ge­stiegen, liegen mit 10,7 Punkten aber noch sehr niedrig. Die Ein­schätzung der aktuellen Lage ist noch deut­lich im negativen Bereich. Das be­deutet, dass die Finanz­markt­experten/-innen von einem sehr niedrigen Wirtschafts­wachs­tum in den nächsten sechs Monaten aus­gehen.

Noch recht positiv gesehen werden der private Konsum, die konsum­nahen Bereiche (Dienst­leistungen, Information und Kommunikation, etc) sowie die Bau­branche. Die export­orientierten Branchen haben sich in der aktuellen Umfrage zwar ver­bessert, werden ins­gesamt aber weiter­hin als recht schwach ein­ge­schätzt. Es zeichnet sich weiter­hin das Bild einer zwei­ge­teilten Kon­junk­tur ab mit starkem Konsum­sektor und relativ schwacher Industrie­ent­wicklung.

Nach dem Wahl­ausgang in Groß­britannien scheint die Blockade beim Brexit auf­ge­hoben zu sein. Aller­dings dürfte das Thema Brexit spätestens zu Be­ginn der Ver­handlungen zwischen der EU und Groß­britannien über ein einen Handels­ver­trag wieder auf der Tages­ordnung stehen. Weitere große Un­sicher­heits­faktoren sind die Handels­konflikte zwischen USA und China sowie zwischen USA und der EU.

COMPEON: Können Sie für Unter­nehmer vor dem Hinter­grund der konjunkturellen Prog­nose einen Hin­weis abgeben, wie sie sich im Hin­blick auf ihre Investitions- und Re­finanzierungs­entscheidungen auf­stellen sollten?

Michael Schröder: Derzeit ist nicht davon aus­zu­gehen, dass die Geld­politik der EZB in Richtung steigender Zinsen um­schwenken wird. Die Finanz­markt­experten/-innen gehen nach wie vor von sehr niedrigen kurz­fristigen Zinsen aus. Für die nächsten ein bis ein­ein­halb Jahre dürfte daher eine flexible Finan­zierung mit kurzer Lauf­zeit am günstigsten sein. Aber auch eine lang­fristige Finan­zierung ist bei den der­zeit sehr niedrigen Zinsen relativ kosten­günstig. Da es der­zeit nicht mehr nach einer Rezession und einem ins­gesamt stärkeren Rück­gang der Kon­junktur aus­sieht, hat sich der Aus­blick für Investitionen wieder etwas auf­ge­hellt.

COMPEON: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Schröder.

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